Wer eine Gewerbeimmobilie erbt, steht oft vor hohen Steuerforderungen. Dieser Leitfaden erklärt verständlich, wie die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer ermittelt wird, welche Steuerbefreiungen möglich sind und welche Gestaltungsmodelle rechtssichere Einsparungen bieten.
Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine steuerliche oder rechtliche Beratung. Lassen Sie Ihren individuellen Fall stets von Fachanwältinnen oder Steuerberaterinnen prüfen.
1 | Grundlagen der Erbschaftsteuer bei Immobilien
1.1 Welche Steuer fällt an?
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Erbschaftsteuer (bei Tod) oder Schenkungsteuer (zu Lebzeiten) – beide folgen den gleichen Tarifen & Freibeträgen (§ 15 ErbStG).
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Steuersatz: 7 %–50 %, gestaffelt nach Verwandtschaftsgrad (Steuerklasse) und Wert des Erwerbs.
1.2 Bewertungsmaßstab
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Gewerbliche Objekte werden nach dem Ertragswertverfahren (künftig erzielbare Miete) bewertet (§ 188 BewG).
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Liegen unüblich niedrige Erträge vor, greift das Sachwertverfahren (Baukosten + Bodenwert).
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Feststellungserklärung: Erb*innen müssen den Wert binnen 3 Monaten nach Kenntnis des Todes dem Finanzamt melden.
2 | Steuerliche Verschonungen für Betriebsvermögen
Viele Gewerbeimmobilien gehören zum Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen einer GmbH & Co. KG oder GmbH. Hierfür gelten erhebliche Vergünstigungen:
Modell | Steuerliche Wirkung | Voraussetzungen |
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Regelverschonung | 85 % der Bemessungsgrundlage steuerfrei | 5-jährige Fortführung, max. 50 % Verwaltungsvermögen |
Optionsverschonung | 100 % steuerfrei | 7-jährige Fortführung, max. 20 % Verwaltungsvermögen |
Begünstigtes Verwaltungsvermögen | Anteilige Steuerfreiheit (z. B. Grundstück mit eigenem Betrieb) | Objekt dient überwiegend dem eigenen Geschäftsbetrieb |
⚠️ Achtung: Gewerbeimmobilien, die lediglich vermietet werden, gelten meist als Verwaltungsvermögen – hier greift die Verschonung nicht ohne Weiteres.
3 | Gestaltungsmöglichkeiten vor dem Erbfall
3.1 Vorweggenommene Erbfolge & Freibeträge nutzen
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Freibeträge alle 10 Jahre erneut nutzbar (z. B. 400 000 € pro Kind).
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Übertragung in mehreren Raten senkt die Steuer progressiv.
3.2 Nießbrauch & Teilübertragung
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Übertragung des nackten Eigentums auf die nächste Generation, Nießbrauch bleibt bei Senior*in.
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Wertminderung durch Nießbrauch reduziert sofort die Steuer, sichert aber Einkünfte für die übertragende Person.
3.3 Familien-Holding
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Einlage der Immobilie in eine Familien-GmbH/KG: Stille Reserven werden eingefroren, Anteile lassen sich schrittweise verschenken.
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Gleichzeitig klare Governance-Strukturen für spätere Nachfolge.
Mehr zu kaufmännischer Strukturierung lesen Sie in unserer Leistungsrubrik Reporting.
4 | Finanzierung & Liquidität sichern
Erbschaftsteuer ist innerhalb von 3 Monaten nach Festsetzung fällig. Um Zwangsverkäufe zu vermeiden:
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Steuerversicherung oder Lebensversicherung mit passender Summe abschließen.
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Tilgungsfreie Darlehen einplanen, falls Versicherung nicht möglich ist.
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Teilverkauf oder Sale-and-Lease-Back nur als letzte Option, da Wertverluste drohen.
Unser Team unterstützt bei der Objektbewertung und erstellt belastbare Cashflow-Prognosen – Details unter Eigentümer & Investoren.
5 | Ablauf & Fristen im Überblick
Schritt | Frist | To-Do |
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Todesfall melden | 3 Monate | Wert der Immobilie ermitteln, Feststellungserklärung abgeben |
Steuerbescheid | 1–12 Monate | Bescheid prüfen, ggf. Einspruch einlegen |
Steuerzahlung | 1 Monat nach Bescheid | Stundung/ Ratenzahlung beantragen, falls Liquidität fehlt |
Verschonungsprüfung | 5 bzw. 7 Jahre | Einhaltung der Lohnsumme & Betriebsfortführung dokumentieren |
6 | Fallbeispiel: Gewerbehalle im Familienbetrieb
Objektwert (Ertragswert): 2,5 Mio. €
Erbin: Tochter (Steuerklasse I, Freibetrag 400 000 €)
Optionsverschonung 100 % beantragt
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Bemessungsgrundlage: 2,5 Mio. € – 400 000 € Freibetrag = 2,1 Mio. €
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Verschonung: 100 % steuerfrei → 0 € Erbschaftsteuer, sofern Betrieb 7 Jahre fortgeführt und max. 20 % Verwaltungsvermögen.
Wäre die Halle hingegen an Dritte vermietet, entfiele die Verschonung; es käme eine Steuer von ca. 390 000 € (Steuersatz 19 %) auf die Familie zu.
7 | Checkliste für Eigentümer
☐ Besitz- & Vertragsstruktur prüfen (Betrieb oder Vermietung?)
☐ Bewertungsgutachten für die Immobilie einholen
☐ Freibeträge durch vorweggenommene Schenkungen ausschöpfen
☐ Verschonungsoptionen mit Steuerberater diskutieren
☐ Liquiditätsplan für mögliche Steuerlast erstellen
8 | Fazit
Die Erbschaftsteuer auf Gewerbeimmobilien kann dramatisch ausfallen – oder dank intelligenter Gestaltung nahezu entfallen. Wer früh plant, Bewertungen dokumentiert und gesetzliche Verschonungen nutzt, schützt Vermögen und Betrieb zugleich.
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